Grüne Schienen:

Bahnbrechender Erfolg für nachhaltige Mobilität

Saarstahl - logoGrüne Schienen aus CO₂-armem Stahl von Saarstahl Rail erschließen Schienennetzbetreibern die Möglichkeit, die CO₂-Emissionen des ohnehin schon klimafreundlichen Verkehrsmittels nochmals drastisch zu reduzieren. Als europaweit bislang einziger Anbieter haben die französischen Tochtergesellschaften des Saarstahl Konzerns, Saarstahl Rail und Saarstahl Ascoval, herkömmliche Prozesse und Produktionsverfahren hinterfragt und dekarbonisierte Schienen entwickelt. Im engen Schulterschluss mit der staatlichen französischen Eisenbahngesellschaft (Société Nationale des Chemins de Fer Français) SNCF setzt das Unternehmen seit 2019 das auf dem Modell der Kreislaufwirtschaft basierende Konzept der grünen Schienen erfolgreich in der Praxis um. Weitere Eisenbahnnetzbetreiber wie das belgische Unternehmen Infrabel oder Infrastrukturunternehmen wie die Société du Grand Paris haben inzwischen ebenfalls Millionenaufträge über grüne Schienen an Saarstahl Rail erteilt.

Schlüssel zum Erfolg der dekarbonisierten Schienen sind das nachhaltige Herstellungsverfahren und der Einsatz von 100 Prozent recyceltem Stahlschrott. Um Netzbetreibern die notwendige Versorgungssicherheit mit umweltfreundlichen Schienen zu gewährleisten, ist ein ausreichend großer Vorrat aus Industrieschrott und – abhängig von der gewünschten Stahlspezifikation – bis zu 70 Prozent Altschienen sowie anderen Stahlkomponenten aus Eisenbahnnetzen erforderlich. Deshalb kauft Saarstahl Rail von Schienennetzbetreibern Altschienen und Stahlschrott aus dem Netzwerk an, um diese bei Saarstahl Ascoval zu recyceln. In Saint-Saulve nahe Lille schmilzt Saarstahl Ascoval den Rohstoffmix in einem Elektrolichtbogenofen (EAF) ein und gießt den so entstandenen Schienenstahl zu Vorblöcken. Diese werden mit dem Zug zur Schienenfabrik Saarstahl Rail in Hayange nördlich von Metz geliefert und dort zu grünen Schienen gewalzt. Auch die umfangreiche Endkontrolle mittels Laser, Ultraschall und Sichtprüfung erfolgt in Hayange. Dabei wird beispielsweise die Einhaltung der von der Euronorm vorgeschriebenen Ebenheitstoleranz von < 0,3 Millimetern je drei Meter Schienenlänge überprüft, um bei 300 km/h schnellen Hochgeschwindigkeitszügen optimale Spurtreue und Fahrkomfort zu gewährleisten. Verglichen mit herkömmlichem Schienenstahl, der aus den Rohmaterialien Eisenerz und Kohle in einer Hochofenroute mit Sauerstoffkonverter entsteht, verursacht das neue Herstellungsverfahren bis zu 70 Prozent weniger CO₂-Emissionen: Wurden bislang 2,61 Tonnen CO₂ je Tonne Stahl emittiert, sind es bei diesem neuen Prozess nur noch 0,77 Tonnen je Tonne Stahl.

Nachhaltige Beschaffungspolitik
Bei Saarstahl Rail in Hayange werden die Vorblöcke für den dem Walzprozess im Ofen wieder erhitzt.

Bei Saarstahl Rail in Hayange werden die Vorblöcke für den dem Walzprozess im Ofen wieder erhitzt.

Das Portfolio des weltweit auf Schienennetzen aller Art etablierten Herstellers umfasst über 100 verschiedene Schienenprofile, 25 Stahlsorten in bis zu 108 Meter Länge mit auf die jeweilige Kundenspezifikation abgestimmten metallurgischen und mechanischen Eigenschaften aus einer Hand – unabhängig davon, ob aus grünem oder herkömmlich produziertem Stahl. Als erster Netzbetreiber suchte SNCF, einer der größten Kunden von Saarstahl Rail, eine Lösung zur Dekarbonisierung von Schienen und fand in dem langjährig bewährten Lieferanten den geeigneten Entwicklungspartner. Zwei Gründe waren nach den Worten von Cyrille Blard, bei SNCF verantwortlich für Nachhaltigkeit, für den Schritt, die Entwicklung nachhaltiger Produkte verstärkt in die Beschaffungspolitik mit einzubeziehen: Mit der durch eine regionale Kreislaufwirtschaft gesicherten Materialbeschaffung wollte man Unabhängigkeit von geopolitischen Einflüssen wie in der Covid-19-Pandemie oder durch den Ukraine-Krieg erreichen.

„So können wir steuern, dass aus alten maßgeschneiderten Materialien neue hergestellt werden, was einen Gewinn an beiden Seiten des Lebenszyklus bedeutet.“ Hinzu kam die Vorgabe der französischen Regierung, die CO₂-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 25 Prozent zu senken. „SNCF Réseau hat dieses Ziel bereits im Jahr 2022 mit 34 Prozent weit übertroffen“, sagt Cyrille Blard nicht ohne Stolz. Er ergänzt: „Die grünen Schienen haben hierzu einen erheblichen Beitrag geleistet!“

Im Sommer 2020 produzierte Saarstahl Rail die ersten grünen Schienen. Noch im gleichen Jahr testete SNCF Réseau als Eigentümer des französischen Eisenbahnnetzes das Produkt. Nachdem Testschienen in Rennes Anfang Dezember den Test und in Cannes die Homologation (behördliche Zulassung) erfolgreich bestanden hatten, lieferte Saarstahl Rail noch im gleichen Monat weitere fast 1.000 Tonnen grüne Schienen an SNCF. Seit 2020 wurden alle großen Streckenerneuerungsprojekte im französischen Eisenbahnnetz mit grünen Schienen umgesetzt. Im Rahmen eines Siebenjahresvertrags ordert SNCF Réseau jährlich etwa 130.000 Tonnen Schienen (über 1.000 Kilometer Schienenstrecke) bei Saarstahl Rail, im Jahr 2023 waren rund 90 Prozent (125.000 Tonnen) davon bereits grüne Schienen. Dadurch konnte der Eisenbahnnetzbetreiber rund 200.000 Tonnen CO₂-Äquivalente einsparen. Bis zum Jahr 2030 ist der jährliche Bedarf an Schienen nach dem Mehrjahresplan von SNCF zur Streckenerneuerung konstant. Saarstahl Rail liefert die gewünschten Chargen mit dem Zug an eine Produktionseinheit von SNCF in Saulon-la-Chapelle. Dort werden die 108 Meter langen Schienen bis auf 432 Meter lange Segmente zusammengeschweißt. Alte Schienen werden projektabhängig direkt auf der Baustelle oder im SNCF-Werk in Saulon-la-Chapelle wieder in 1,5 Meter lange Segmente zerteilt oder auch in maximal 18 Meter langen Segmenten einmal pro Monat an das Stahlwerk in Saint-Saulve per Zug transportiert, zerschnitten und dort eingeschmolzen. Diese vertraglich mit Saarstahl Rail vereinbarte Rücknahme und Verwertung von 50.000 Tonnen Altschienen pro Jahr (Stand 2023) ist für SNCF auch von entscheidender Bedeutung, um die spezifische chemische Zusammensetzung und die mechanischen Eigenschaften der Schienen zu sichern.

Hochgesteckte Ziele

Cyrille Blard betont die Verpflichtung beider Seiten, alles daran zu setzen, gebrauchte Schienen für den Aufbereitungsprozess von grünen Schienen zu nutzen. Aktuell scheitert dies aber noch an zu geringer Verfügbarkeit von gebrauchten Schienen. Mit dieser Zielsetzung verknüpft der SNCF-Manager die Vision, langfristig eine neue Art von Preisgestaltung der Stahlpreise zu finden: SNCF als prozessübergreifender Eigentümer des Werkstoffs Stahl, der Schienenhersteller als Auftragnehmer für den Transfer alter Schienen in neue grüne Schienen.

„Das würde künftig die Notwendigkeit einer noch engeren Beziehung zwischen Schienenlieferant und SNCF bedeuten.“

Saarstahl Rail und SNCF verbindet eine langjährige Zusammenarbeit, die neben der Lieferung von Schienen auch gemeinsame Forschung und Entwicklung umfasst. „Es gibt ein sehr breites Spektrum an Aktivitäten und regelmäßige Treffen zu technischen und logistischen Fragen“, sagt Dominique Chiesura, Kaufmännischer Leiter bei Saarstahl Rail. Cyrille Blard ergänzt „Das ist eine echte Partnerschaft, wie man sie für die neuen Schienen braucht: Saarstahl Ascoval benötigt alte Schienen als Rohmaterial, SNCF neue grüne Schienen von Saarstahl Rail.“ Der Erfolg gibt ihm recht: „Zu Beginn haben nur wenige Menschen daran geglaubt, dass die grünen Schienen ebenso gut sind wie die bisherigen.“ Deshalb galt es, intern wie extern viel Überzeugungsarbeit zu leisten, aber: „Wir haben den Beweis erbracht, dass das in den grünen Schienen enthaltene recycelte Material eine gleich hohe Qualität wie das neue Material hat.“ Für ihn ist dies der Beleg, dass sich die Dinge und damit auch die Denkweise sowie die Art das Netz zu betreiben, geändert haben. So hat sein Team beispielsweise auch nachgewiesen, dass recycelter und wieder aufbereiteter Schotter sogar besser sein kann als neuer Schotter aus dem Steinbruch. „Wir arbeiten außerdem daran, unsere alten Schienen von einer Hochgeschwindigkeitsstrecke auf einer weniger stark frequentierten Strecke mit geringerer Geschwindigkeit einzusetzen, bevor sie tatsächlich das Ende ihrer Lebenszeit erreicht haben und zu Saarstahl Ascoval geschickt werden.“ Im kommenden Jahr steht eine Neuverhandlung des Mehrjahresvertrags mit Saarstahl Rail an.

„Natürlich hoffen wir, auch in Zukunft mit Saarstahl Rail und Saarstahl Ascoval zusammenarbeiten zu können, aber da es sich um einen der größten Wirtschaftsmärkte für Schienen handelt, ist eine öffentliche Ausschreibung vorgeschrieben,“ sagt Cyrille Blard.

Diese Ausschreibung wird auch eine Entwicklungsklausel zur CO₂-Verringerung durch grüne Schienen und die Rücknahme von alten Schienen beinhalten.

Freie Fahrt für grüne Schienen in Europa

Für Saarstahl Rail stehen die Chancen für einen Anschlussauftrag von SNCF Réseau nicht schlecht, wie verschiedene andere in jüngster Zeit erfolgreich gewonnene Ausschreibungen beweisen. So hat das Unternehmen beispielsweise alle bislang ausgeschriebenen Schienen für das Megaprojekt Grand Paris Express (vier neue Metro-Linien) geliefert: 20.000 Tonnen grüne Schienen. Sie wurden unter anderem auf der ersten kohlenstoffarmen Metro-Linie von Paris verlegt – der neuen Linie 16, die in einem 26 Kilometer langen Bogen den Norden mit dem Osten der Metropole verbindet. Insgesamt umfasst die im Bau befindliche Ringbahn für den Großraum Paris 220 Kilometer und verdoppelt damit den Umfang des bestehenden Metronetzes. Die für den Bau der Netzinfrastruktur zuständige Société du Grand Paris will auf der gesamten Strecke die CO₂-Emissionen um 25 Prozent, das heißt um eine Million Tonnen reduzieren. Eine Steilvorlage für Dominique Chiesura:

„Wir müssen es schaffen, 100 Prozent der neuen Strecken im größten Infrastrukturprojekt in Europa mit grünen Schienen auszustatten!“

Auch der belgische Eisenbahnnetzbetreiber Infrabel setzt auf die umweltfreundlichen Schienen: 2.800 Kilometer grüne Schienen wurden geordert. Auch zum geplanten Wiederaufbau des zerstörten Eisenbahnnetzes im Westen der Ukraine kommen fortan 20.000 Tonnen dieser Schienen von Saarstahl Rail zum Einsatz. Außerdem wird grüner Stahl von Saarstahl auch für andere Eisenbahnkomponenten wie Befestigungen oder Spannstahl für Betonschwellen verwendet.

Für den Saarstahl Konzern mit Hauptsitz in Völklingen, Deutschland, markiert die rasch wachsende Erschließung des Geschäftsfelds mit grünen Schienen zugleich die Speerspitze zur Dekarbonisierung der Gruppe. So treibt der Konzern, der auf die Herstellung von thermomechanisch gewalztem Federstahl, Stabstahl, Halbzeug und Schmiedeprodukten für die Automobil-, Bau- sowie Luft- und Raumfahrtindustrie spezialisiert ist, mit grünem Stahl die ökologische Mobilitätswende erfolgreich weiter voran.

Quelle und Bildquelle: Saarstahl AG