“Die Flexibilität ist matchentscheidend“
Die Schweiz ist in der Welt bekannt: Für ihr stabiles Wirtschaftssystem, für die Qualität, für das Design und die Präzision der dort gefertigten Uhren, die beeindruckende Bergwelt und die Erfolge ihrer Wintersportler. Ebenso steht die Schweiz für Innovation.
Diese Innovationskraft zeigt sich auch im Omnichannel-Verteilzentrum der Migros Verteilbetrieb AG (MVB) in Neuendorf (nähe Basel), welches nach Einschätzung des MVB-Projektmanagers Alexander Schweizer zur „absoluten Champions League“ gehört und zu den dynamischsten Logistikzentren weltweit zählt – geplant und realisiert vom Logistik-Lifetime-Partner WITRON. Allein vom Hauptgebäude, dem Near-/ Non-Food-Bereich, werden aus einem Sortiment von mehr als 100.000 Artikeln p.a. über 700 Filialen und viele Tausend Homeshopping-Kunden beliefert. An einem Spitzentag kommissionieren die WITRON-Systeme OPM, AIO und CPS mehr als 470.000 Handelseinheiten.
Verantwortlich für den reibungslosen Materialfluss am Standort ist Alexander Schweizer. Der Direktionsleiter und seine Mannschaft managen mit dem Filial-, Fachmarkt- und Online-Geschäft verschiedene Vertriebswege, dürfen Near-Food-Artikel, Non-Food-Artikel und Tiefkühl-Artikel bewegen, liefern Cases, Pieces und Sperrigteile aus – sowohl über LKW als auch mit der Bahn. Von ganz klein bis ganz groß: Kosmetik, Hygiene-Artikel, Waschmittel, Toiletten-Papier, Baby- und Tiefkühl-Nahrung, Elektronik-Teile, Rasenmäher, Sonnenschirme, Waschmaschinen, Fernseher, bis hin zu Möbeln.
Erfolgreiche Brownfield- / Greenfield-Installation
Damit alles wirtschaftlich, konsumentengerecht und ergonomisch abgewickelt werden kann, wurden gemeinsam mit WITRON ganzheitliche automatisierte und teilautomatisierte Logistiklösungen integriert, sowohl als Brownfield-Lösung in die bereits bestehenden Gebäude, als auch in dafür neu errichtete Logistikbereiche.
Wird einem da nicht schwindelig?
„Als wir Anfang 2020 starteten war mir nicht richtig bewusst, was auf uns zukommt. Schwindelig war mir nicht, aber es sind einfach immer mehr Herausforderungen aufgetaucht, um alle Logistik-Prozesse der Migros – das sind ja die Migros-Supermärkte, aber auch die Migros-Fachmärkte sowie das Online-Geschäft – unter einen Hut zu bringen“, erklärt Schweizer.
Schweizer befindet sich im Brownfield-Gebäude:
„Hier war früher alles manuell – über fünf Stockwerke verteilt. Das können Sie sich heute gar nicht mehr vorstellen.“ Der MVB-Manager steht neben der neuen Fördertechnik, die sich über die Etagen schlängelt. „Das war eine der größeren Herausforderungen, die neuen automatisierten Logistiksysteme mechanisch und IT-technisch während des laufenden Betriebes in den bestehenden Materiafluss einzubinden. Parallel dazu ist unsere manuelle Kommissionierung weitergelaufen. Denn trotz der Neu-Installation mussten wir täglich weiter ausliefern. Das war die oberste Direktive. Daher mussten manche Umbau-Aktivitäten eben auch ab und zu zurückstecken und die Terminpläne flexibel gestaltet werden. Der Betrieb hatte immer Vorrang, damit wir zu jeder Zeit pünktlich liefern konnten.“
Konsolidierung heute (teil)automatisiert und systemgesteuert
Die Herausforderung der MVB damals: Auf die fünf Stockwerke waren unterschiedliche Kommissioniermodule verteilt. „Wir hatten vor Projektstart ungefähr 10 bis 15 Kommissioniermodule und jedes Kommissioniermodul hat seine eigene Palette produziert. Die Paletten wurden dann in einer sogenannten Konsolidierung-Verdichtungszone gesammelt und jede Palette, die nicht einen entsprechenden Paletten-Füllgrad hatte, wurde verdichtet, konsolidiert. Das war ein ziemlicher organisatorischer und vor allem manueller und somit unergonomischer Aufwand. Und das alles haben wir jetzt mit der WITRON-Lösung nicht mehr, weil alle Systeme – OPM, AIO und das CPS –IT- und fördertechnisch komplett miteinander vernetzt sind. Sämtliche Kommissionier- und Konsolidierungsschritte, sowohl im Filial- als auch im Online-Geschäft, werden jetzt prozesstechnisch gesteuert und automatisiert bzw. teilautomatisiert durchgeführt.“ Bestehende Gebäudeteile, Lagerbereiche und Mechanik-Elemente wurden dabei, so weit als möglich, in den Gesamtprozess integriert.
Ganzheitlicher Prozess für Filial- und Onlinegeschäft
Schweizer nimmt uns mit auf die Reise. „Da kommt ein LKW an. Wir müssen den Prozess ablaufen, dann versteht man die Revolution in unserer Logistik.“ An der Rampe angekommen wird der LKW bereits entladen. Waschmittel. Wir haben die Avisierung im WITRON-System bereits elektronisch übermittelt bekommen, das heißt, eigentlich muss der Mitarbeiter nur noch die Palette auf die Fördertechnik aufsetzen. Auf der Fördertechnik gibt es dann eine Waage und einen SSCC-Laser.“ Der SSCC-Laser identifiziert die Palette mit Waschmittel mit 40 Packungen drauf. Die Technik überprüft das Gewicht und die Höhe der Palette und stimmt die Daten mit den vorhandenen Stammdaten ab. Dann wird die Palette eingelagert.
„Das System weiß nun, aha, Waschmittel, eine schöne Verpackung, quadratisch praktisch gut und gut zu kommissionieren“, scherzt Schweizer. Das Waschmittel geht zum OPM, wird aber vorher in einem der drei Hochregallager (HRL) zwischengelagert. „Vorzugsweise in ein HRL, welches sich in der Nähe des OPM‘s befindet. Dann wird es dort eingelagert und sobald der Bestand im Kommissionierlager kleiner als ein Tag ist, wird die Palette automatisch ausgelagert, vereinzelt und gelangt dann zu den 12 COM-Maschinen, welche das Produkt mit weiteren Artikeln aus einem Kundenauftrag filialgerecht auf Paletten oder Rollcontainer schlichten. Anschließend erfolgt die Auslieferung mit dem LKW oder per Bahn-Transport.“
Und der Homeshopping-Kunde?
„Sofern der Artikel behälterfähig ist, erfolgt die Kommissionierung im AIO-System.“ Hier sind die Arbeitsplätze teilautomatisiert, die Ware wird dem Mitarbeiter direkt angedient. Der Mitarbeiter pickt für die Online-Bestellung zum Waschmittel beispielsweise noch einen Lippenstift aus dem Quellbehälter, der dann wieder zurück ins Lager fährt. „Ist der Artikel nicht behälterfähig erfolgt die Kommissionierung für die Online-Bestellung im CPS-System. Hier kommen wir später noch dazu.“
Schweizer verdeutlicht:
„Das OPM ist eine vollautomatisierte Case-Kommissionierung. Die einzigen Mitarbeiter in diesem Bereich sind die, die die Folie an der Palette entfernen. Alle weiteren Prozesse im Materialfluss laufen komplett mechanisiert ab. Bei uns im System haben wir circa 5.000 Artikel im OPM. Und jetzt zum Piece-Picking-System All-in-One Order Fulfillment (AIO): Dort wird sowohl für das Filial-Geschäft als auch für das Online-Geschäft kommissioniert. Die Artikel im AIO sind kleinvolumig und werden in einem Behälter-AKL gelagert. Und wir haben die C-Artikel im AIO. Ein Beispiel: Ein rosa Lippenstift, den man vielleicht zu Fasching mal benötigt. Der Output aus dem AIO und aus dem OPM ist über den Tag ungefähr gleich. Der große Unterschied ist, im AIO haben wir nicht 5.000 Artikel, sondern 40.000 verschiedene Artikel.
Quelle und Bildquelle: WITRON Logistik + Informatik GmbH