Rätselhafte Nachrichten über China

Was die Flucht reicher Chinesen zu bedeuten hat?

Superreiche Chinesen verlassen Mainland-China

Dr. Hanne Seelmann ConsultantsNahezu täglich vermeldeten die Medien einen massenhaften Zuzug von superreichen Chinesen aus Mainland China. In einem Bericht des Sunday Star vom 5. Februar 2023 heißt es: „The Monetary Authority of Singapore estimates that the number of family offices – wealth management companies dedicated to individual and group assets – rose from 400 in 2020 to 700 in 2021”. Bis Ende 2022 sollen weitere 1500 Vermögensverwaltungsgesellschaften im Stadtstaat gegründet worden sein. In Summe sind das 2.600 Transfers!

Bling Bling – oder wie die reichen Mainland-Chinesen ihren Wohlstandpräsentieren

Bling-Bling Dynastien nennt man in China die Reichen, die ihren Wohlstand gerne und öffentlich zur Schau stellen. Auch in Singapur sind sie mit ihren Rolls Royces, Bentleys und Ferraris unterwegs. Sie kaufen sich Luxushäuser (nicht nur) auf Sentosa Island – und treiben damit die Immobilien- und Mietpreise weiter in die Höhe. Sie werden Mitglieder im exklusiven Sentosa Golf Club, wo die Jahresgebühren 670.000,- US Dollar betragen. Die Zeitungen berichten über Partys, auf denen der seltene japanische Whisky „Yamazahki“ ausgeschenkt wurde, von dem die Flasche 61.000,- US Dollar kostet.

Was ist das Motiv, das Privatvermögen nach Singapur zu transferieren?

Diese superreichen Chinesen wollen ihr Geld vor dem Zugriff des chinesischen Staates schützen. „At least when I’m here I know my money is mine”, wird einer der Tycoons zitiert. Die Sorge scheint nicht unbegründet: In den letzten Jahren hat die chinesische Regierung immer wieder gezeigt, dass sie dem Wachstum und den Aktivitäten der (Tech-)Tycoons nicht länger tatenlos zusehen will.

Der Staat zeigt Muskeln: Jack Ma und Ma Huafteng (oder Pony Ma)

Spektakulärstes Beispiel ist Jack Ma, Eigentümer u.a. von Alibaba, dem größten chinesischen Internethandel. Nachdem er 2020 die chinesischen Finanzaufsichtsbehörden kritisiert hatte, verschwand er erst einmal für einige Monate aus der Öffentlichkeit. Der geplante Börsengang seines Finanzdienstleisters Ant-Group (mit 35 Milliarden Dollar) wurde von der Regierung gestoppt.

Auch Pony Ma, der Gründer von Tencent und dem mächtigen Instant Messenger Dienst WeChat, wurde 2021 in Bezug auf weitere Wachstumspläne eingeschränkt. Der Aktienkurs von Tencent stürzte daraufhin ab und hat sich auch nicht wieder erholt.

„Gemeinsamer Wohlstand“ statt ungebremstem Kapitalismus

Staatspräsident Xi Xingping möchte mit seiner Kampagne des „Gemeinsamen Wohlstandes“ erreichen, Tendenzen zum Monopolkapitalismus (die er in der zunehmenden Stärke der Tycoons sieht) zu beseitigen. Die Kluft zwischen Arm und Reich soll reduziert werden. Privatunternehmen werden dazu angehalten, horrende Summen für wohltätige Zwecke zu spenden. Das Stichwort dazu lautet „tertiäre Verteilung“, sprich Vermögensverteilung von Reich zu Arm.

Rigide Bekämpfung der Steuerhinterziehung

Aber nicht nur die Tycoone müssen die regulierende Macht der KP fürchten. Die Staatliche Steuerverwaltung (STA) verstärkt auch ihre Kontrolle gegen Bürger, die hohe Einkommen nicht offengelegt haben, um Steuern zu hinterziehen. „Die Behörde wird sich auf Ermittlungen gegen Personen mit hohem Einkommen und hohem Vermögen konzentrieren – allerdings hat sie nicht bekannt gegeben, gegen welche Personen ermittelt wird und ob sie etwas mit Big Tech zu tun haben“.

Warum können die Superreichen China verlassen?

Wenn man die Restriktionen und die Aktionen der chinesischen Regierung in den letzten 4 Jahren in Bezug auf die Wohlhabenden verfolgt und nun gleichzeitig erlebt, dass mehrere Tausend der chinesischen Superreichen zum Beispiel in Singapur Schutz suchen, dann stellt sich eine entscheidende Frage: Wie kann dies gelingen? Wie können diese Menschen unbehelligt von chinesischen Aufsichtsbehörden Milliardensummen ins Ausland transferieren?

Wie stark ist Xi Xingping?

Was innerhalb der chinesischen KP oder des Politbüros wirklich passiert, ist weder in China selbst noch für ausländische Beobachter erkennbar. Bekannt ist aber, dass circa 90 Prozent der reichen und superreichen Chinesen Mitglied der KP sind. Deshalb stellt sich mir angesichts der tausendfachen Abwanderung superreicher KP-Mitglieder die Frage: Hat Xi Xingping wirklich noch die Kontrolle über seine Partei und sein Land?

Quelle: Dr. Hanne Seelmann Consultants