Stimmungsbild unter Personalverantwortlichen
Fachkräfteengpass in der Logistik hält an, nachhaltige Personalstrategien zeigen dennoch Wirkung
Auf der BVL Supply Chain CX in Berlin präsentierte die Initiative „Die Wirtschaftsmacher“ die Ergebnisse ihrer diesjährigen HR-Umfrage zum Fachkräftemangel in der Logistik. Die Auswertung der Antworten erfolgte in Kooperation mit der CBS International Business School und bringt erneut signifikante Einsichten, wie sich die Situation in diesem Wirtschaftsbereich entwickelt und welche Strategien Unternehmen anwenden, um den Herausforderungen zu begegnen. Zentrale Erkenntnisse der Befragung: Trotz verstärkter Maßnahmen in Bereichen wie Digitalisierung und Automatisierung stehen Unternehmen weiterhin vor der Herausforderung, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden sowie darüber hinaus den steigenden Skill-Anforderungen bei diversen Jobprofilen gerecht zu werden. Die neu erhobenen Daten zeigen ein insgesamt gemischtes Bild, da sich die Lage in Teilen leicht verbessert hat, andere Bereiche sind hingegen weiterhin stark betroffen.
70 Prozent der teilnehmenden Unternehmen erleben derzeit Fachkräfteengpässe. Besonders gesucht sind neben gewerblichen Fachkräften und Berufskraftfahrenden auch IT-Spezialistinnen und -Spezialisten sowie Auszubildende. Auch wenn sich diese Einschätzung im Vergleich zur letzten Umfrage im Herbst 2023 insgesamt scheinbar leicht verbessert hat, erwarten über 60 Prozent der Befragten eine weitere Verschärfung der Situation. Die positiven Teiltendenzen könnten auf wirksame HR-Maßnahmen zurückzuführen sein: Gestiegene Recruiting- und Personalkosten wurden im Vergleich zum letzten Jahr als konkrete Konsequenzen des Fachkräftemangels vermehrt genannt. Dennoch unterstrichen die Befragten die anhaltende Dringlichkeit der Thematik. Als Ursachen hierfür wurden neben demografischen (37,5 Prozent volle Zustimmung) und branchenspezifischen Herausforderungen wie vergleichsweise geringere Gehälter (35,9 Prozent volle Zustimmung) vor allem das negative oder veraltete Image (50 Prozent volle Zustimmung) der Logistik genannt, was die Notwendigkeit von Initiativen wie den Wirtschaftsmachern bestätigt.
Weiterbildungschancen und Quereinstiege werden wichtiger
Um den weiteren primär genannten Konsequenzen von offenen Stellen und Fluktuation, wie einer Hemmung des Unternehmenswachstums (32,5 Prozent volle Zustimmung), Kompetenzverlusten (35 Prozent volle Zustimmung) und der Mehrbelastung für die restliche Belegschaft (45 Prozent volle Zustimmung) entgegenzuwirken, setzen Unternehmen vermehrt auf erhöhte Flexibilität als Angebot (40 Prozent volle Zustimmung). Zudem wird auf die Integration von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern (40 Prozent volle Zustimmung) und Weiterentwicklung (35 Prozent volle Zustimmung) gesetzt. Letzteres deutet auf einen langfristigen Ansatz zur Bewältigung des Fachkräftemangels hin, der nicht allein durch Neueinstellungen gelöst werden kann, sondern der Qualifizierung von bestehenden Mitarbeitenden bedarf. Die Ergebnisse belegen zudem erneut, dass der Problematik mit sehr vielschichtigen Maßnahmenbündeln entgegengewirkt wird, wozu auch weiterhin wichtige Aspekte wie Investments in Employer Branding und Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland zählen. Um spezifisch der Fluktuation entgegenzuwirken, wurden dieses Jahr vor allem regelmäßige Gehaltsanpassungen als wirksamste Maßnahme genannt.
Tendenz: Priorisierung von nachhaltigeren Personalstrategien
Die diesjährige Umfrage belegt darüber hinaus erneut, dass der Fachkräftemangel in der Logistik nach wie vor eine kritische Herausforderung darstellt. Der vermehrte Einsatz moderner Rekrutierungsmethoden spiegelt die Bemühungen der Unternehmen wider, langfristige Lösungen zu finden. Eine markante Entwicklung zeigt sich demzufolge insgesamt in der Verschiebung von kurzfristigen zu eher langfristigen Maßnahmen. Zudem gibt es auch weiterhin brancheninterne und regionale Unterschiede, die gezielte und individuelle Maßnahmen erfordern. Es bleibt zu beobachten, wie sich diese Trends im nächsten Jahr fortsetzen und welche Maßnahmen Unternehmen priorisierend ergreifen werden, um die Fachkräftelücke bestmöglich zu schließen.
Die Umfrage wurde erneut wissenschaftlich von der CBS International Business School, einem Hochschulpartner der Wirtschaftsmacher, begleitet. Das Fazit von Prof. Dr. Nils Finger, Professor für Supply Chain Management an der CBS, lautet wie folgt:
„Neben den erwähnten Herausforderungen weise ich gerne auf einen weiteren entscheidenden Aspekt hin, und zwar die durchaus positiven Auswirkungen auf die untersuchte Problematik durch eine vollumfänglichere Nutzung des Digitalisierungspotentials in unserer Branche. Natürlich helfen Technologien wie Robotic Process Automation dabei, den Fachkraftmangel abzumildern. Aber die neuen Technologien bedeuten gleichzeitig auch neue Anforderungen und damit einen Bedarf an neuen Mitarbeiter-Skills. Wir beobachten in dem Zusammenhang trotz Fortschritten in unserer Branche einen wachsenden Skill-Gap, zum Beispiel in puncto fortschrittlichem Umgang mit Daten – Stichwort: Data Science. Bedingt durch die Schnelllebigkeit von Technologien müssen Unternehmen dieser Herausforderung mit Investments in immer neue und noch intensivere Fortbildungsprogramme im Bereich von digitalen Skills sowie nicht-digitalen Skills wie persönlicher Resilienz begegnen. Dies unterstützt, dass Arbeitgeber attraktiv bleiben, die Mitarbeitenden für die komplexen Anforderungen unserer Zeit vorbereiten und ihr Potenzial bestmöglich ausschöpfen. Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, ist zudem ein weiterer Aspekt entscheidend: Das Finden einer guten Balance zwischen der Digitalisierung und der Sicherung von menschlicher Expertise.“
Quelle und Bildquelle: BVL Service GmbH