Cross-Border-E-Commerce

Chinesische Händler versuchen, sich Amazons „Würgegriff“ zu entziehen

Amazon.comZwar macht es den Eindruck, dass chinesische Händler auf den Marktplätzen von Amazon boomen – doch könnte sich das in Zukunft ändern. Ein Artikel der chinesischen Zeitung People’s Daily (übersetzt durch das Portal Pekingnology) rief chinesische Händler jetzt dazu auf, sich dem „Würgegriff“ Amazons zu entziehen und stattdessen auf eigene Online-Shops zu setzen. Das Medium gilt als offizielle Zeitung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas. Dabei geht der Autor Hong Yong nicht nur auf Amazons teilweise handelsschädigende Praktiken ein, sondern versucht vor allem, die eigene Software-as-a-Service(SaaS)-Industrie zu stärken.

„De-Amazonisierung“ liegt in China im Trend

Chinas Cross-Border-E-Commerce mit der westlichen Welt beruht zu großen Teilen auf dem Handel über Amazons Marktplatz. Diese starke Abhängigkeit ist es, die der Autor als „Würgegriff“ bezeichnet. Chinesische Marken, die sich international behaupten wollen, kommen um Amazon nicht herum. Dabei sprechen gute Gründe für eine „De-Amazonisierung“.

Wie Yong in seinem Artikel ausführt, sehen sich chinesische Händler bei Amazon mit enormen Gebühren konfrontiert. Regelmäßige Kontenschließungen führen außerdem dazu, dass Händler nicht mehr auf bereits generierte Umsätze zugreifen können. Das treibt gerade kleine und mittelständische Unternehmen leicht in den wirtschaftlichen Ruin. Des Weiteren bietet Amazon Händlern, welche FBA nutzen, seit letztem Jahr keinen Zugriff mehr auf relevante Kundendaten. Das erschwert es Unternehmen durch Marktanalysen gezielt auf Kundenvorlieben einzugehen.

Aus diesen Gründen erlebe China in den letzten Jahren einen Boom an eigenständigen Online-Shops. Ganze 200.000 solcher Shops soll es inzwischen geben. Neben der wirtschaftlichen Unabhängigkeit gelänge es Marken durch die eigenen Shops demnach auch häufiger, sich vom negativen “Made in China” weg zu entwickeln und als chinesische Marke international ernst genommen zu werden.

Chinesische Händler wandern von Amazon zu Walmart

Wie das Portal Marketplace Pulse ausführt, scheint sich dieser Trend auch bereits international bemerkbar zu machen. So weichen in den USA immer mehr chinesische Händler mittlerweile auf andere Marktplätze, wie den von Walmart, aus. Darüber hinaus zeichnet sich auf dem Marktplatz von Amazon eine Umkehr des Verhältnisses amerikanischer und chinesischer Händler ab.

Als Lösungsvorschlag fordert Yong die chinesische Regierung dazu auf, dortige Softwareunternehmen stärker zu fördern. Denn auch in China fällt die Wahl oft auf ein nicht-chinesisches Unternehmen. Dabei würden auch chinesische Unternehmen gute Systeme bieten, um sich einen rentablen und professionellen Online-Shop aufzubauen.

So stellte das Handelsministerium in Shenzhen bereits im letzten Jahr dortigen Cross-Border Händlern eine Förderung von 2 Millionen Yuan (284.000 Euro) in Aussicht, wenn sie dafür einen eigenen Shop aufbauen würden, so Marketplace Pulse.

Neben einer finanziellen Förderung von Software-Anbietern weist Yong aber auch darauf hin, dass durch striktere staatliche Regulierungen ein Wandel des internationalen Images chinesischer Händler zu bewerkstelligen sei. Fake-Anbietern und mangelndem Kundensupport soll somit der Kampf angesagt werden.

Wie realistisch ein großflächiges Abrücken von Amazons Monopol ist, sei dahingestellt. Schließlich greifen Kunden aus vielerlei Gründen immer wieder auf den E-Commerce-Giganten zurück. Neben den vermeintlich günstigen Preisen steht dabei für viele die Bequemlichkeit deutlich im Vordergrund. Viele kleine Websites machen es für Online-Shopper dabei eher schwerer, den Überblick zu gewinnen.

Geschrieben von Ricarda Eichler
Dieser Artikel wurde zuerst auf dem Portal Onlinehändler-news.de veröffentlicht.